Dienstag, 9. Oktober 2007

BMW 118d, M-Paket, 3-Türer, E81 (Fahrbericht)

Freunde hochdrehender Otto-Motoren,
ich habe Angst!!!

Die Welt ist eine andere geworden. Nach den Ölschocks der 70er, FCKW-Krise in den 80ern und dem Ozonloch in den 90ern, gesellt sich im neuen Jahrtausend nun die CO2-Debatte unters muntere Autofahrer Volk.
Zeit fürs Umdenken!?
Die Ansage: willkommen an der Basis.
Kleinster BMW
Kleinster Motor
DIESEL

Gääähn, warum schreibt er über so was einen Fahrbericht, schon soweit gesunken über Kompakt-Diesel zu berichten? Werden wir nicht eh im Alltag viel zu oft von dem ganzen Vernunftdenken, Spritsparen, Umweltbelastung etc. eingelullt und von oben genannten Themen „belästigt“? Müssen nun auch noch die Autos – und viel schlimmer noch – die Fahrberichte jedweder Unvernunft und Träumerei beraubt werden?
Tja, liebe Leser, dann sperrt mal Eure Glupscher auf und leset was ich Euch zu schreiben habe!
Natürlich bedarf es ein paar Kreuzerl in der Aufpreisliste an der richtigen Stelle wegzulassen um aus einem 118d einen atemberaubenden 118d zu machen. Ja richtig gelesen, weglassen. Und zwar genau an 2 Stellen: erstens die beiden Hintertüren (Minus 850 Euro, damit rahmenlose Türen, coupehafter Auftritt) und zweitens beim Metallic-Lack. Die Farbe Alpinweiss III lässt uns weitere 700 Euronen in der Geldtasche behalten. Jetzt ist die Karre auch noch in Weiss vor uns, spinnt er jetzt vollkommen? Bis dato würde ich dem zustimmen. Wir geben aber nun dem Auto einen starken Schuss Tabasco in Form des M-Pakets hinzu. Erweitern es noch um 18“ (anstatt der im M-Paket serienmäßig enthaltenen 17“) Hufe. Vitamin M beschert uns zusätzlich ein knackiges Fahrwerk, einen optischen Aufputz Außen (freche Front- und Heckschürze sowie Seitenschweller) und Innen (Alu-Leisten, formidable Teilleder-Sportsitze, ein exzellentes M-Sportlederlenkrad und einen wohlgeformten M-Schaltknauf).

Schaut nun die angehängten Fotos an und Ihr werdet sehen, dass Weiss durchaus die grau/schwarz/silberne Autowelt bereichert. Kombiniert mit dem M-Paket (welches uns auch Hochglanz-Shadowline Umrahmung der Fenster und der Außenspiegel einbringt) und den zwei weggelassen Türen möchte man fast von der 3-Faltigkeit statt 3-Türigkeit sprechen.
Nun aber nix wie rein die in die etwas kühle aber pragmatisch eingerichtete Höhle. Die Sitze – auf den Fotos durchaus unspektakulär – und das Lenkrad sind eine Wonne, weil mit weitest möglichen Verstellbereichen und Seitenhalt gesegnet. Bei den Sitzen kann man sich sogar die Seitenwangen enger/weiter stellen, herrlich. Das Lenkrad, eine ganz besondere kreisrunde Interpretation. Griffiges, perforiertes Leder, ein zuträglich angenehm dicker Kranz, das beste Lenkrad welches ich in der letzten Zeit ergreifen durfte.
Den Chip-Decoder in den Schlitz gesteckt, Startknopf gedrückt und los geht’s. Beim Motor fällt einem auf das nix auffällt. Sehr gute Geräuschdämmung, der Diesel rennt äußerst ruhig und hat eine Motorcharakteristik. Ja, er hat eine. Die Pumpe-Düse-Nagler haben zum Beispiel keine. Da gibt’s ab 2.000 U/min. den Hammer und bei 3.000 U/min. ist die Party schon wieder zu Ende. Ich bin aber noch nie gerne auf schlechten und zu früh endenden Parties gewesen! Deshalb freute ich mich mit dem 118d-Quirl einen manierlichen Begleiter zu haben der nie müde ist, fein bis in die 5.000er Morgenstunden zu feiern! Im unteren Drehzahlbereich lassen bald die 300 NM ihre Muskeln spielen um dann wie im Staffellauf übergebend die Leistung von 143 PS so ab 3.000 U/min. (volle Leistung bei 4.000 U/min.) auf die Hinterräder wirken zu lassen. Portioniert werden Leistung und Drehmoment von einem knackigen, zwar nicht leichtgängigen, aber präzise schaltbaren 6-Gang Getriebe. Hinterradantrieb gepaart mit einem möglichst weit hinten liegenden Motor, Vorderräder deren Achse ganz weit vorne liegen darf und nur dem Auftrag der Richtungsänderung gehorchen. Ja, so sieht das aus wenn man ein vernünftiges Package schnürt. Keine Spur von sonst durchaus oft attestierbarer klassenüblicher Kopflastigkeit, weil der Motor eben nicht zu weit vorne montiert ist.
Vorderräder lenken, Hinterräder treiben an, was ist daran bitte so schwer zu verstehen? Marketing-Fuzzis die immerzu von „sportlichen“ Autos sprechen und dann doch nur Fahrzeuge bereithalten die mit angetriebenen Vorderrädern um Grip winseln und beim Kurveneingang, Kurvenausgang und sowieso und überhaupt nur untersteuern. Pfui, zur Strafe einmal mit den Run-Flat-Reifen übers Gesicht gefahren. Und ganz argen Marketingern gehört das Profil direkt ins Gesicht tätowiert!

Das M-Fahrwerk ist meines Erachtens ein guter Kompromiss. Unnachgiebig bei Kurvenfahrt, jedoch durchaus nachsichtig beim Geradeauslauf und auf schöngesichtigem Asphalt. Spurrillenschnuppern wurde von der M-Security lobender Weise genauso der Zutritt zur Party verwehrt wie seinem Freund, dem rüpelhaften Kanaldeckelspringen. Die Bayern wissen eben mit wem man feiert und mit wem nicht. Und schlägt man mal über die Strenge so helfen die Bremsen überschüssige Geschwindigkeit schnellstmöglich zu neutralisieren.

Das Fahren, das Ambiente im Auto und auch der Qualitätseindruck sind tatsächlich hochwertig. Auf den Fotos schaut das womöglich nicht so aus, aber wenn man mit dem Gerät dann tatsächlich rumkurvt merkt man die verdichtete Kompetenz dieses Spaßmachers.
Natürlich, Platzwunder ist er keines, Xenon war auch nicht an Bord und bei der Preispolitik fallen BMW interessierte Novizen nach wie vor reihenweise ins Koma. Ein 118d mit angenehmer Ausstattung (da sind aber Navi, Vollleder, elektrisch verstellbare Sitze noch nicht mit dabei) kostet als Neuwagen so ca. zwischen 32 bis 35 tsd. Euro...da fällt einem echt das Frühstück wieder aus dem Gesicht!

Alles in allem bin ich wahnsinnig froh mit diesem Auto gefahren zu sein. Ich wurde eines besseren belehrt. Vernunft kann auch Spaß machen. Besagter Wagen hat die neuesten technischen Errungenschaften in Sachen Spritsparen verbaut. Unter dem Mantel „Efficient Dynamics“ verbirgt sich eine Armada an Sparefrohs. Auffälligstes Merkmal ist natürlich die Start-Stopp-Funktion. Gang raus, Kupplung raus bedeutet Motor aus. Ich hab’s in mehreren Situationen im Alltag probiert und muss dem System allerbeste Tauglichkeit zusprechen. Nach dem der Motor sich ausstellte tritt man wieder auf die Kupplung, während man den ersten Gang wieder einlegt läuft der Motor bereits, man tritt aufs Gas und braust wieder los. Echt smart gelöst. Man muss sich auch gar nicht daran gewöhnen. Denn dieses Verfahren geht in Kürze in Fleisch und Blut über. Und es geht super! Der Rest der Sparbande versteckt sich hinter Bremsenergierückgewinnung, Generator-Abschaltung unter Volllast/Beschleunigung. Batterie wird daher nur im Schiebebetrieb (vom Gasgehen) und beim Bremsen geladen. Tja, dermaßen befreit von Nebenaggregaten fällt es dem Motor leicht hochzudrehen. Da spart man und hat trotzdem einen sportlicheren Motor mit mehr Leistung. Ha, die Entknotung eines Zielkonflikts. Und diese Technik wird nun sukzessive auf die gesamte BMW-Palette übertragen, ab Herbst sind alle 3er-Baureihen dran, auch der 5er kommt wird in die Spritsparpflicht genommen.
In vorauseilendem Gehorsam – als ob BMW von den CO2-Keulen schwingenden Politikern und Medien gewusst hätte – wurde dieser Spaßmacher Punkgenau (die Entwicklung bedurfte ja auch einiger Jahre) auf den Markt gebracht. Applaus. Es ist also möglich: spaßiges Fahren ohne Verzicht, Kurvenwetzen ohne Reue, Gasgeben ohne den Geldbeutel zu schröpfen. Diesel und 1, das bringt Fun!

Versteht mich bitte nicht Falsch, ich bin nach wie vor von 6-, 8,- und 12-Zylindern begeistert, präferierender Weise mit Otto-Verbrennung. Hab auch schon mit staunendem und offenem Mund dem Spruch des 16-zylindrigen Bugatti Veyron leibhaftig lauschen dürfen und war höchst freudetrunken. Aber beim Blick in die eigene Zukunft beschlich mich schon oft der Gedanke ich könne/wolle mir womöglich so etwas nicht oder nicht allzu lange leisten (da red i jetzt aber nicht vom Bugatti ;-), sondern von, sagen wir vernünftigen 3-Liter 6-Zylindern) und müsse wohl oder übel mit 4-Zylindern und Diesel vorlieb nehmen.

Sollte die Zukunft für mich aber einen Efficient Dynamics BMW (gibt’s ja auch für Benziner, da sogar mit noch mehr Einsparpotenzial als bei den Dieseln) bereithalten (natürlich als Gebrauchtwagen) und sei es auch „nur“ so ein 118d, dann soll sie bitte Kommen!
Ich habe nun keine Angst mehr.
Fakten:
E81 118d
Alpinweiss III
3-Türer

M-Paket
205/45/18 und 225/40/18 auf Goodyear Run-Flat-Reifen
Efficient Dynamics
4-Zylinder
1995ccm
143 PS bei 4.000 U/min.
300 NM bei 2.000 U/min.
Leergewicht: 1.385 kg

(c) M




1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

So, heute (06.02.2008) wars soweit. Mein Auto verlangte wieder mal nach einem Werkstättenbesuch und daher kam ich in das (ja, erstaunlich) Vergnügen, einen 118d zu testen. Freilich keinen dermaßen fein ausgestatten, wie den oben beschriebenen, es war eher die karge Variante: normale Sitze, Kunststofflenkrad, alles in allem quite basic.
Aber obwohl von Sportfahrwerk keine Spur, obwohl keine Sportsitze mir den entsprechenden Halt schenken wollten, obwohl kein feistes M-Lenkrad und auch kein M-Schalthebel an Bord waren, so vermochte mich das Auto doch auch - na ich will mal nicht sagen zu begeistern, aber mir ehrlichen Respekt und Anerkennung abzuringen.
Man weiß ganz genau, dass genau an den entsprechenden Stellen haargenau noch Platz für ein feudales M-Paket ist und dann stimmt das Auto. Und die tatsache, dass man selbst mit dem Basis Diesel im Basis BMW im Grunde genommen nicht untermotorisert ist, stimmt schon sehr versöhnlich. Diese Basis wird dem pedigree der Marke BMW gerecht.

P.S.: Und dass der Motor - für einen 4Zylinder Diesel - die allerfeinste Klinge darstellt, wurde ohnedies schon ausführlich erläutert.